Ursprünglich wurden Elementardiäten als hochkalorische und möglichst ballaststoffarme Kost für die Raumfahrt entwickelt, da man möglichst wenig Abfall und Ausscheidungen provozieren, jedoch die Astronauten nährstoff- und kalorientechnisch rundum versorgt wissen wollte. Mittlerweile hat die Astronautenkost als Elementardiät jedoch Einzug gehalten in die Medizin und die Versorgung oftmals sehr kranker Patienten.1
Was ist eine Elementardiät?
Der Pschyrembel beschreibt eine Elementardiät als eine „Niedermolekulare, ballaststofffreie Diät, deren Bestandteile (Aminosäuren, Di- und Tripeptide, Glukose, Spurenelemente und Vitamine) bereits im Dünndarm vollständig resorbiert und somit andere Darmabschnitte entlastet werden. Die Elementardiät wird eingesetzt bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.“ Des Weiteren steht als Praxishinweis dabei, dass die Kostform von Patienten allgemein „schlecht akzeptiert“ wird.2 Ich denke, das werden sich die meisten vorstellen können. 😉
In der Regel ist eine Elementardiät so leicht verdaulich, dass sie den Darm nicht mit Verdauungsarbeit belastet, sondern die Nährstoffe schon im ersten Abschnitt des Darmes aufgenommen werden. Dadurch versorgt diese Kostform beispielsweise Personen mit Darmentzündungen, insbesondere der unteren Darmabschnitte, trotzdem noch mit lebensnotwendigen Nährstoffen und Kalorien.
Wichtig ist zudem noch die Unterscheidung, ob die Kost als alleinige Nahrungsquelle geeignet ist oder nicht.
Voll bilanzierte versus ergänzend bilanzierte Elementardiät
Voll bilanzierte Elementardiät heißt, dass ausreichend Nährstoffe, angepasst für das Erkrankungsbild und den jeweiligen Patienten enthalten sind und keine andere Kost mehr notwendig ist.1,3
Nicht jede Elementardiät erfüllt das Kriterium als einzige Kostform geeignet zu sein. Der Unterschied zu den voll bilanzierten Elementardiäten ist bei der ergänzend bilanzierten Ernährungsform, dass diese Präparate nicht auf Dauer für die alleinige Versorgung mit Kalorien, Nährstoffen, Fetten usw. ausreichend sind.
Überblick über Anwendungsfälle und Formen der Elementardiät
Ursprünglich war die Elementardiät hauptsächlich für Magen-Darm-Erkrankungen gedacht, aber ihre Anwendungsmöglichkeiten haben sich mit der Zeit erweitert.
Trotz ihrer in wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigten positiven Auswirkungen bei den unten genannten Erkrankungen, wird diese Therapieform oftmals nicht gut angenommen, da sie einen großen Einschnitt in das Leben und die wahrgenommene Lebensqualität des Patienten bedeutet.
Einsatz bei Störung der Bewegung des Magen-Darm-Traktes (Motilitätsstörungen)
Neben Morbus Crohn und Colitis ulcerosa findet die Elementardiät auch Anwendung bei schweren Motilitätsstörungen des Darmes. Wenn die Peristaltik, also die natürliche Bewegung des Darmes, die den Transport des Speisebreis reguliert, nicht mehr funktioniert, wird oft die Versorgung über eine leicht verdaulich Elementardiät gewährleistet. Je nach Problematik wird dann z.B. auf permanentere Lösungen mittels Magensonde usw. zurückgegriffen.1,3
Elementardiät bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
Bei Morbus Crohn führt eine Elementardiät zu hohen Remissionsraten – bei einer Untersuchung an über 100 Patienten führte der Elementardiäteinsatz zu Remissionsraten von 85% - unabhängig von Geschlecht, Alter und Schweregrad der Erkrankung.4
Diese hohe Zahl ist beindruckend, zumal die anderen Interventionen wie Cortison oder Immunsuppressiva oftmals auch ungewollte Effekte und Nebenwirkungen mit sich bringen und mehrere Studien zeigen, dass der Behandlungseffekt zwischen Cortison und Elementardiät ähnlich ist. Jedoch ist die Rückfallrate nach einer Behandlung mittels Elementardiät im Vergleich zu einer Cortison-Therapie teilweise höher, wenn wieder auf normale Kost umgestellt wird.5
Auch bei Colitis ulcerosa zeigten sich teilweise Verbesserungen durch die Einführungen einer Elementardiät. Nachdem eine Hochdosis-Cortison-Therapie keinen Erfolg brachte, zeigte sich eine Remission bei über 40% der Betroffenen durch den Einsatz dieser Kostform.6
Elementardiät bei Dünndarmfehlbesiedlung (DDFB)
Das Krankheitsbild der Dünndarmfehlbesiedlung oder manchmal auch Dünndarmfehlbesiedelung geschrieben, kurz: DDFB oder SIBO für englisch: Small Intestine Bacterial Overgrowth, ist zuweilen noch recht unbekannt und kann eine mittlerweile anerkannte Ursache für Blähungen, Durchfall und Verstopfung usw. sein. Es ist davon auszugehen, dass dieses Krankheitsbild zumindest für einen Teil der Reizdarm-Syndrom-Fälle verantwortlich ist.7
Bei einer DDFB kommt es zu einem Überwuchs mit Bakterien im Dünndarm, der relativ keimfrei sein sollte. Die Bakterien zersetzen dort Ballaststoffe usw. und bilden Gase, welche zu Reizdarm-Beschwerden führen können.7
Die gute Nachricht ist, dass sich eine Dünndarmfehlbesiedlung behandeln lässt. Neben einer Behandlung mit Antibiotika hat der Einsatz von Elementardiät eine besonders hohe Erfolgsrate, da er den Bakterien im unteren Teil des Dünndarms die Lebensgrundlage in Form von für die Bakterien verstoffwechselbare Nahrung entzieht.8Dieser Beitrag behandelt ein Gesundheitsthema. Es ist wichtig, dass du deine Symptome durch medizinisches Fachpersonal untersuchen und behandeln lässt. Dieser Artikel kann keine Betreuung und Beratung durch Fachpersonal ersetzen und möchte es auch nicht.
Elementardiät bei Eosinophiler Ösophagitis (EoE)
Ein weiterer Anwendungsfall ist die eosinophile Ösophagitis. Dabei kommt es wohl unter anderem durch Nahrungsmittelallergene zu einer Immunantwort in der Speiseröhre, die zu Schluckbeschwerden, Schmerzen und Entzündungen führt.
Hypoallergene Elementardiäten haben nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen zu einer Remission geführt – in einer Studie sogar bei über 70%.9

Elementardiät bei MCAS (Mastzellaktivierungssyndrom) oder bei (gastrointestinaler) Allergie
Dieses Thema ist von der Wissenschaft noch nicht so intensiv beleuchtet worden, aber aus eigener Erfahrung als Betroffene und Therapeutin kann ich nur sagen: Oftmals sind Betroffene mit gastrointestinalen Allergien, MCAS (Mastzellaktivierungssyndrom) und vielen Intoleranzen sonst so eingeschränkt in ihrem Essverhalten, dass Mängel bei Vitaminen, Spurenelementen usw. keine Seltenheit sind und zudem leicht an Gewicht verloren wird.
Bei Betroffenen mit vielen Allergien und Intoleranzen kann eine Elementardiät unter therapeutischer Aufsicht eine Möglichkeit sein, dem Körper fehlende Nährstoffe und Kalorien zuzuführen. Zudem können mittels hypoallergener Kost Entzündungsprozesse, die aufgrund der Kontakte zu unverträglichen Bestandteilen in der Nahrung entstehen, bekämpft werden.
Die Autoren Hetterich, Raithel und Taumann schreiben auf der sehr informativen Seite des VAEM e.V. (Verein zur Förderung der Allergie- und Endoskopieforschung am Menschen e.V.) folgendes über hypoallergene Formulardiäten. „Mit diesen Diätformen kann die Karenz gegenüber Allergenen oder Histamin- und anderen biogene Amine enthaltenden Lebensmitteln (z.B. Tyramin, Putrescin etc.) oft wesentlich unterstützt werden. Ernährungsdefiziten wird vorgebeugt und die hypoallergene Ernährung führt zu einer deutlichen Reduktion der allergischen Entzündungsreaktion, was auch anhand der Methylhistaminausscheidung gut objektiviert werden kann. [...] Flüssigkostpräparate gelten daher heute als wichtige Therapeutika, um eine Reduktion der allergischen Entzündungsaktivität zu erreichen, um weiteren Neu-Sensibilisierungen vorzubeugen und zur Aufrechterhaltung des Nährstoffbedarfs.“ 11
Einsatz bei Bauchspeicheldrüsenentzündung, Leber- und Nierenerkrankung
Daneben kann die Elementardiät auch eingesetzt werden bei Pankreatitis, also einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse und zur Unterstützung bei Nieren- oder Lebererkrankungen. Gerade bei schweren Erkrankungen innerer Organe, die eine überwachte und/oder begrenzte Zufuhr bestimmter Nährstoffe benötigen, kann es von Vorteil sein, wenn eine genau abgestimmte Kostform eingesetzt wird. So muss z.B. bei Nierenerkrankungen auf eine strikte Begrenzung des Kaliums geachtet werden, da dieses sich anreichern und zu Herz-Rhythmus-Störungen führen kann.
Kost bei Schluckstörungen
Bei Schluckstörungen können ebenfalls flüssige Kostformen angewandt werden, wobei für diesen Anwendungsfall gilt, dass die Diät dann nicht zwangsläufig ballaststoffarm sein und damit auch nicht in „elementarer“, leicht aufspaltbarer Form vorliegen muss. Es ist im oftmals sogar besser, wenn die Nahrung von der Konsistenz nicht „zu flüssig“ ist, da die Gefahr eines Verschluckens dadurch minimiert wird. Für diese Anwendung gibt es z.B. auch pürierte mit Milch/Wasser verdünnte Lösungen oder puddingartige Kostformen, die aus normalen Nahrungsmitteln bestehen.
Zusatz bei ungewollter Gewichtsabnahme
Bei Krebserkrankungen und anderen Erkrankungen bei denen eine sogenannte Kachexie, also eine ungewollte, starke krankheitsbedingte Gewichtsabnahme auftreten kann, werden oftmals auch hochkalorische Trink-/Zusatznahrungen eingesetzt. Diese sind ebenfalls nicht zwangsläufig ballaststoffarm oder hypoallergen und fallen daher auch nicht unter Elementardiät im eigentlichen Sinne. Bei Magen-Darm-Entzündungen ist die Ballaststofffreiheit aber gewollt, da man nur so den Darm entlastet.1,3,10
Da die Elementardiät nicht leicht durchzuführen und auch Nebenwirkungen haben kann, sollte diese immer unter Aufsicht von medizinischem Personal durchgeführt werden.
Wenn du dich mehr für die praktische Seite und Tipps interessierst, schau doch gerne bei meinem Tipps-Artikel vorbei. Hier findest du zehn Tipps, die das Leben mit Astronautenkost bzw. Elementardiät erträglich machen.
Hast du schon Erfahrungen mit Astronautenkost gemacht? Teile gerne deine Erfahrungen in den Kommentaren.
Quellen
- Voigt, Vera. Trinknahrungen: Aus dem All ans Krankenbett. Pharmazeutische Zeitung online. Accessed July 13, 2020.
- Pschyrembel. Pschyrembel Online | Elementardiät. Accessed April 5, 2021.
- Russel RI. Elemental diets. Gut. 1975;16(1):68-79. Accessed July 11, 2020.
- Koretz RL, Meyer JH. Elemental diets—Facts and fantasies. Gastroenterology. 1980;78(2):393-410. doi:10.1016/0016-5085(80)90594-6
- Teahon K, Bjarnason I, Pearson M, Levi AJ. Ten years’ experience with an elemental diet in the management of Crohn’s disease. Gut. 1990;31(10):1133-1137. Accessed July 11, 2020.
- Gorard DA, Hunt JB, Payne-James JJ, et al. Initial response and subsequent course of Crohn’s disease treated with elemental diet or prednisolone. Gut. 1993;34(9):1198-1202. doi:10.1136/gut.34.9.1198
- Axelsson C, Jarnum S. Assessment of the therapeutic value of an elemental diet in chronic inflammatory bowel disease. Scand J Gastroenterol. 1977;12(1):89-95.
- Sachdev AH, Pimentel M. Gastrointestinal bacterial overgrowth: pathogenesis and clinical significance. Ther Adv Chronic Dis. 2013;4(5):223-231. doi:10.1177/2040622313496126
- Pimentel M, Constantino T, Kong Y, Bajwa M, Rezaei A, Park S. A 14-Day Elemental Diet Is Highly Effective in Normalizing the Lactulose Breath Test. Dig Dis Sci. 2004;49(1):73-77. doi:10.1023/B:DDAS.0000011605.43979.e1
- Warners MJ, Vlieg‐Boerstra BJ, Verheij J, et al. Elemental diet decreases inflammation and improves symptoms in adult eosinophilic oesophagitis patients. Alimentary Pharmacology & Therapeutics. 2017;45(6):777-787. doi:10.1111/apt.13953
- Hetterich U, Raithel M, Taumann W. VAEM – Ernährungumstellung, hypoallergene Formulardiäten. Accesed July 11, 2020. http://vaem.eu/1395/4-hypoallergene-formulardiaeten/