3. Sep. 2021 Lesezeit: 4 Min.

3 umstrittene Aminosäuren bei Histaminunverträglichkeit & MCAS

Unverträgliche Aminosäuren bei MCAS & HIS
Unverträgliche Aminosäuren bei MCAS & HIS

Zuerst der Hinweis, dass eine ausreichende Zufuhr von Eiweiß und vor allen Dingen essenziellen Aminosäuren, die der Körper nicht selbst herstellen kann, absolut lebensnotwendig und für die Gesundheit unabdingbar ist. Gerade bei Patienten, die aufgrund eines Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) oder bestehender Nahrungsmittelunverträglichkeiten nur eingeschränkt Nahrungsmittel zu sich nehmen, ist auf eine ausreichende Aufnahme von Eiweiß und vor allem essenziellen Aminosäuren zu achten.

Jedoch sollten manche Aminosäuren bei Histaminintoleranz-Syndrom (HIS) oder MCAS nur mit Bedacht zusätzlich eingenommen werden. Vorsichtig sein sollte man mit Histidin und N-Acetyl-Cystein (als stabilisierte Form der Aminosäure Cystein).

Ebenfalls sollte in Betracht gezogen werden, dass die Aminosäuren Lysin, Ornithin und Tyrosin durch bakterielle Fäulnisprozesse in Cadaverin, Putrescin und Tyramin umgebaut werden können, die insbesondere bei einer biogene Amine-Intoleranz, die häufig mit einer Histaminintoleranz vergesellschaftet ist, problematisch sein können.1

Histidin bei Histaminunverträglichkeit & MCAS

Aus Histidin entsteht als Abbauprodukt der Histidin Decarboxylase Histamin im Körper. Dieses Histamin muss dann über die Diaminoxidase (DAO) und Histamin-Methyltransferase und in selteneren Fällen zu einem kleinen Teil auch über die Monoaminooxidase B (MAO) abgebaut werden. Diese Prozesse sind genau beschrieben in dem Artikel zu den Ursachen von Histaminintoleranz.

Histaminabbau via DAO & HNMT

Eine zusätzliche Zufuhr von Histidin über das Normalmaß hinaus, ist somit in der Lage den Histaminspiegel im Körper zu erhöhen. In der Regel muss diese Aminosäure nicht zusätzlich eingenommen werden, da sie zumeist ausreichend in einer ausgewogenen Ernährung vorhanden ist.2

Wie viel Histidin benötigt man am Tag?

Histidin gehört zu den essenziellen Aminosäuren und kann somit von Körper nicht hergestellt werden. Mindestens 8-12mg/kg Histidin pro Tag werden benötigt, um gesund zu bleiben. Bei normaler Ernährungsweise werden in Europa zwischen 2,12 und 2,40g pro Tag aufgenommen.3

Außerdem spielt das Abbauprodukt Histamin der Aminosäure im Körper auch eine wichtige Rolle und ein zu niedriger Histaminspiegel erweist sich ebenfalls als problematisch für die Gesundheit.

N-Acetyl-Cystein (NAC bzw. ACC®): Potenzial für Nebenwirkungen

N-Acetyl-Cystein ist ein Radikalfänger (Antioxidanz), welches nach Deacetylierung in der Leber die Aminosäure Cystein freisetzt. Diese Aminosäure wird zur Bildung von Glutathion, einem weiteren wichtigen Antioxidanz, benötigt.4 Sie ist in Deutschland bekannt als der Hustenlöser ACC® aus der Apotheke.

Aspirin

NAC wird vor allen Dingen als Schleimlöser bei Bronchitis eingesetzt, zeigte aber auch in Tiermodellen Erfolge bei der Verringerung von Lipidperoxidation, bei der es zur Zellschädigung durch freie Radikale kommt und die bei der Arteriosklerose eine beachtliche Rolle spielt.4

N-Acetyl-Cystein verbesserte außerdem auch den Gesundheitsstatus von Rheumatoide-Arthritis-Patienten in einer kleineren, doppelblinden und randomisierten Studie.5

Neben den positiven Wirkungen die NAC bei entzündlichen Erkrankungen aufgrund seiner antioxidativen und antifibrotischen Wirkung haben könnte, kann es jedoch für eine erhöhte Histaminfreisetzung aus Mastzellen sorgen.6

Bei Untersuchungen an Menschen fanden sich nach intravenöser NAC-Gabe nur bei einem Teil der Probanden erhöhte Histaminwerte. Diese Erhöhung war nur bei denjenigen messbar vorhanden, die über Nebenwirkungen klagten.7

Aufgrund der antientzündlichen und immunbalancierenden Eigenschaften, die N-Acetylcystein zu haben scheint, ist somit immer abzuwägen, inwiefern man es bei Mastzell- oder Histamin-vermittelten Erkrankungen einsetzen kann.8 Diese Abwägung sollte im Austausch mit medizinischem Fachpersonal erfolgen.

Lysin bei Histaminintoleranz & MCAS: als unproblematisch einzuschätzen

Lysin wird gerade in der komplementären Medizin gerne eingesetzt zur Prophylaxe bei rezidivierenden Herpesinfektionen. Es ist eine essenzielle Aminosäure, die ausreichend über die Nahrung aufgenommen werden sollte.

In einem Experiment mit menschlichen Mastzellen zeigte Lysin-Lösung eine Beeinflussung von Hautmastzellen, aber keine Reaktionen von Lungen-, Darm- oder anderweitig lokalisierten Mastzellen im Menschen.9,10

Somit ist davon auszugehen, dass diese Aminosäure nur sehr unwahrscheinlich problematisch für Menschen mit allergischen Erkrankungen ist: Am besten wäre eine geeignete Zufuhr über die Nahrung, sodass keine zusätzliche Einnahme erwogen werden muss.

Wichtig ist darauf zu achten, dass Eiweiß und somit häufig auch lysinreiche Nahrungsmittel frisch verarbeitet werden, damit der Abbau von Lysin zu dem Eiweißfäulnisstoff Cadaverin verhindert wird. Cadaverin (1,5 Diaminopentan) ist ein gesundheitsschädliches biogenes Amin und riecht sehr unangenehm.11

Es versteht sich von selbst unangenehm riechende Eiweißprodukte nicht mehr zu sich zu nehmen, sondern der Verwertung zuzuführen.

Tyrosin in HIS & MCAS

Die nicht essenzielle Aminosäure L-Tyrosin entsteht aus der essenziellen Aminosäure Phenylalanin. Tyrosin wird im menschlichen Körper benötigt für die Herstellung von Schilddrüsenhormonen (L-Thyroxin) und von verschiedenen Hirnbotenstoffen (Neurotransmittern) wie Dopamin und Noradrenalin.

Tyrosin an sich enthält kein Histamin, aber wenn es von Bakterien verstoffwechselt wird, dann entsteht Tyramin. Dieses biogene Amin macht häufig Probleme bei Histamin- bzw. Biogene-Amine-Unverträglichkeit.

Da Mastzellen durch Neurotransmitter ebenfalls beeinflusst werden, sollte man auf eine zureichende Zufuhr von Eiweißen und Aminosäuren wie L-Phenylalanin achten, die für eine gute Neurotransmitter-Versorgung benötigt werden. In der Regel ist dann keine zusätzliche Tyrosin-Einnahme von Nöten.

Quellen

1. Biogene Amine - Chemie.de Lexikon. Accessed August 12, 2021. https://www.chemie.de/lexikon/Biogene_Amine.html

2. Gesundheitliche Bewertung von Aminosäuren - BfR. Accessed August 12, 2021. https://www.bfr.bund.de/de/gesundheitliche_bewertung_von_aminosaeuren-54420.html

3. Moro J, Tomé D, Schmidely P, Demersay T-C, Azzout-Marniche D. Histidine: A Systematic Review on Metabolism and Physiological Effects in Human and Different Animal Species. Nutrients. 2020;12(5). doi:10.3390/nu12051414

4. Gillissen A. N-Acetylcystein: Neue Erkenntnisse zu einem bewährten Wirkstoff. Pharmazeutische Zeitung online. Accessed August 16, 2021.

5. Batooei M, Tahamoli-Roudsari A, Basiri Z, et al. Evaluating the Effect of Oral N-acetylcysteine as an Adjuvant Treatment on Clinical Outcomes of Patients with Rheumatoid Arthritis: A Randomized, Double Blind Clinical Trial. Rev Recent Clin Trials. 2018;13(2):132-138. doi:10.2174/1574887113666180307151937

6. Barrett KE, Minor JR, Metcalfe DD. Histamine secretion induced by N-acetyl cysteine. Agents Actions. 1985;16(3-4):144-146. doi:10.1007/BF01983123

7. Waring WS, Bateman D. Histamine release is the associated mechanism following acetylcysteine adverse reaction in man. Clinical Toxicology. 2008;46:396.

8. Wang J, Jin Q, Hu Z, Zhou H. The effects of N-acetylcysteine on the Th1/Th2 ratio in elderly patients with chronic obstructive pulmonary disease. :6.

9. Lowman MA, Rees PH, Benyon RC, Church MK. Human mast cell heterogeneity: Histamine release from mast cells dispersed from skin, lung, adenoids, tonsils, and colon in response to IgE-dependent and nonimmunoiogic stimuli. Published online 1988:8.

10. Padawer J. The reaction of rat mast cells to polylysine. J Cell Biol. Published online 1970:352.

11. Hirai K. ÜBER DIE BILDUNG VON CADAVERIN AUS d-LYSIN DURCH BACILLUS LACTIS AEROGENES. The Journal of Biochemistry. 1939;29(3):435-438. doi:10.1093/oxfordjournals.jbchem.a125822

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